Ein Geburtstagsgeschenk für Papa
Autorin: Katja Habicht
Illustration: Heike Schweinberger
„Maxi, komm bitte nach vorne und zeige uns auf der Karte einen Zitronenfalter“, sagt Herr Junker, der Sachkundelehrer, und wendet sich der Klasse zu. Doch nichts passiert. „Maxi, hörst du mich?“, fragt er ungeduldig. Immer noch nichts. „Maximilian Kunze! Schläfst du im Unterricht?“, ruft Herr Junker laut und ärgerlich. Maxi zuckt zusammen. „N-n-n-nein, ich habe nicht geschlafen, n-n-n-nur überlegt. Entschuldigung“, stammelt er. Einige Kinder lachen, und Herr Junker sagt: „Wenn du damit fertig bist, kannst du nach vorne kommen und uns den Zitronenfalter zeigen.“ Mit knallrotem Kopf schleicht Maxi zur Tafel.
In der großen Pause kommt Ben zu Maxi. „Sag mal, was war denn los in Sachkunde? Hast du geschlafen?“ „Nein, echt nicht.“ Maxi schüttelt den Kopf. „Papa hat heute Geburtstag und ich überlege schon die ganze Zeit, womit ich ihm eine Freude machen kann. Es soll ein ganz schönes Geschenk werden. Wenn er von der Arbeit kommt, will ich es ihm geben. Hast du vielleicht eine Idee?“ Ben kratzt sich am Kopf. „Ich habe meinem Papa zu seinem Geburtstag eine neue Angelschnur geschenkt.“ Maxi überlegt, ob er Papa auch eine Angelschnur schenken soll. Aber Papa hat ja noch nicht einmal eine Angel. Ach, es ist aber auch schwierig. „Du kannst doch den Herrn Jesus bitten, dass er dir beim Überlegen hilft“, schlägt Ben vor. Maxi findet die Idee prima. „Dass ich noch nicht selbst darauf gekommen bin“, denkt er. „Schließlich weiß der Herr Jesus doch am besten, was Papa gerne mag.“
Nach der Schule flitzt Maxi nach Hause. Beim Mittagessen fragt Mama: „Wie war es in der Schule?“ Maxi erzählt, was in der Sachkundestunde passiert ist. Mama schüttelt den Kopf. „Es ist wirklich schön, dass du dir solche Gedanken um Papas Geschenk machst. Nur solltest du das nicht während des Unterrichts tun.“ Verlegen sieht Maxi auf seinen Spaghetti-Teller. „Du passt doch sonst gut auf, wenn ihr die Tierarten durchnehmt“, fährt Mama fort. „Die Schmetterlinge gehören sogar zu deinen Lieblingstieren. Hast du nicht erst gestern mit Papa ein Buch darüber angeschaut?“ Maxi verschluckt sich fast an den Spaghetti. „Isch weisch jetscht, wasch isch mache“, verkündet er mit vollem Mund. Dabei spritzt ihm rote Soße an die Nase. Mama schaut ihn mahnend an und Maxi isst lieber wieder ordentlich. Nach dem Essen wäscht er sich schnell das Gesicht und flitzt in sein Zimmer. „Danke, Herr Jesus, für die gute Idee“, betet er unterwegs.
In seinem Zimmer holt Maxi das Buch über die Schmetterlinge aus dem Regal, das er schon so oft mit Papa angeschaut hat. Manchmal gehen sie auch zusammen spazieren und beobachten echte Schmetterlinge, die über die Blumenwiesen flattern. Papa staunt dann immer über Gottes wunderbare Schöpfung und dass es so viele Tiere gibt, die Gott den Menschen gegeben hat, damit sie sich an ihnen freuen können. Maxi weiß, gerade Schmetterlinge hat Papa besonders gern. Und er weiß nun auch, was er Papa zum Geburtstag schenkt: einen richtig-echt-lebendigen Schmetterling! Vielleicht einen leuchtend gelben Zitronenfalter, oder ein buntes Tagpfauenauge, das aussieht, als hätte es Augen auf den Flügeln, oder einen dunkelbraunen Admiral mit dem schönen rot-weißen Muster oder ... Den kann Papa sich dann jeden Tag anschauen.
Maxi schaut sich in seinem Zimmer um. Da, die kleine Spielzeugkiste mit den vielen Zootieren darauf ist genau richtig. Darin wird er den Schmetterling für Papa aufbewahren. Es ist zwar seine Lieblingskiste, doch für Papas Geburtstagsgeschenk will er sie gerne hergeben. Schnell schüttet Maxi alles auf den Boden und sticht mit einem Schraubenzieher aus Papas Werkzeugkiste Löcher in den Deckel, damit der Schmetterling auch Luft bekommt. „Au!“ jammert er, als der Schraubenzieher sich nicht in die Kiste, sondern in seinen Zeigefinger bohrt. Maxi will tapfer sein und klebt sich selbst ein Pflaster auf die Wunde. Dann läuft er zu Mama, die gerade Wäsche aufhängt, und fragt, ob er an den Bach gehen darf. Als Mama es erlaubt, holt Maxi noch ein großes Sieb aus dem Küchenschrank und saust los. Er will sich beeilen, denn es dauert nicht mehr lange, dann kommt Papa nach Hause.
Der Weg zum Bach ist nicht weit. Und da! Da ist sogar schon ein Zitronenfalter. Ein ganz kleiner, aber trotzdem leuchtend gelb und wunderschön. Maxi schleicht sich an und versucht, ihn behutsam mit dem Küchensieb einzufangen. Doch der Schmetterling ist schneller und fliegt davon. „Schade“, brummt Maxi und sucht weiter. Da ist er wieder! Er sitzt auf einer Blume direkt am Bach. „Diesmal bin ich schneller“, flüstert Maxi. Er hält das Sieb bereit, springt nach vorne, rutscht aus und – plumpst in den Bach. Als er wieder steht, schaut er bestürzt an sich herab. Er ist nass und dreckig, die Schuhe sind voller Wasser, und in der Hand hält er ein zerbeultes Sieb. „Auch das noch“, jammert er. „Heute geht aber auch alles schief.“ Doch Maxi gibt nicht auf. Schließlich soll Papa unbedingt einen Schmetterling bekommen. Da! Da fliegt er wieder - der gelbe Zitronenfalter - von Blume zu Blume. Maxi läuft schnell hinterher, das zerbeulte Sieb zum Fangen bereit. Er schaut nicht, wo er hinläuft, sondern nur auf den Zitronenfalter. Dann plötzlich – Maxi stolpert, fällt wieder hin und schlägt sich das Knie an einem Stein auf. „Au!“, schreit er. Das Knie blutet und eine dicke Träne rollt Maxi übers Gesicht. Er sieht noch, dass der Zitronenfalter auf die andere Seite des Baches fliegt und sich dort eine neue Blume sucht.
Erschöpft und traurig sammelt Maxi das Sieb und die Schachtel ein und humpelt nach Hause. Schon von Weitem sieht er Papas Auto im Hof stehen. Papa steigt gerade aus. Maxi humpelt schneller, stürmt Papa in die Arme und weint. Papa schaut seinen nassen Jungen erschrocken an und Maxi schnieft: „Ich ... ich wollte dir einen Schmetterling schenken. Einen richtig-echt-lebendigen Schmetterling, der nur dir gehört. Dann könntest du dich immer daran freuen, dass Gott ihn so schön gemacht hat.“ Papa streichelt seinem Jungen sanft über den Kopf. „Am besten kann ich mich an den Schmetterlingen freuen, wenn sie frei umherfliegen oder sich auf die bunten Wiesenblumen setzen. Dann sehe ich, dass Gott die ganze Natur wunderbar geplant und geschaffen hat. Für diese Tiere ist es nämlich nicht gut, wenn sie eingefangen werden.“
Maxi nickt und erzählt Papa von dem missglückten Tag: Von der Ermahnung in Sachkunde, dem verletzten Finger, dem Sturz in den Bach, Mamas zerbeultem Küchensieb, den nassen Kleidern und dem blutigen Knie. Und von dem gelben Zitronenfalter, der so wunderschön aussah, der ihm aber immer wieder entwischt ist. „Deshalb habe ich jetzt kein Geburtstagsgeschenk für dich“, erklärt Maxi traurig. Papa drückt ihn ganz fest an sich und sagt liebevoll: „Natürlich hast du ein Geschenk für mich, sogar ein sehr, sehr schönes.“ Maxi schaut Papa fragend an. „Welches denn?“ Papa lächelt. „Du hast mir deine Mühe geschenkt und mir dadurch gezeigt, wie lieb du mich hast. Das ist das schönste Geburtstagsgeschenk.“ Jetzt strahlt Maxi übers ganze Gesicht. Sogar sein Knie tut auf einmal gar nicht mehr weh. Er hat Papa tatsächlich eine Freude gemacht. „Danke, Herr Jesus“, betet Maxi leise.
Entnommen aus:
"Gott will helfen"
von Katja Habicht und Heike Schweinberger
Copyright © BOAS media e.V. - 32791 Lage
ISBN 978-3-942258-13-5 / Art.-Nr. 176813
EUR 10,00 [D]